2. a) Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die Beklagte seit Frühling 1980 mit Johann X. zusammenlebt. Dieser ist ihr auch nach ihrer Auswanderung nach Kanada dorthin gefolgt. Das Obergericht ging davon aus, dass die Beklagte im Zeitpunkt der Klageeinreichung schon über fünf Jahre im Konkubinat gelebt habe und deshalb eine Tatsachenvermutung dafür bestehe, dass es sich um eine qualifizierte eheähnliche Gemeinschaft handle; das Beharren auf der Scheidungsrente sei somit rechtsmissbräuchlich. Die Beklagte habe nicht nachzuweisen vermocht, dass es aufgrund der gesamten Situation an einer mit der Ehe vergleichbaren gegenseitigen Unterstützung der Partner fehle. Wenn auch ihr Gefährte selber ebenfalls in bescheidenen Verhältnissen lebe, sei er doch nicht mittellos, und ein Beistand seinerseits erscheine deshalb nicht als unmöglich.
b) Die Beklagte wendet sich nicht gegen die Annahme, die Lebensgemeinschaft sei insofern eine qualifizierte, als sich die Partner wie in einer Ehe allgemeinen Beistand und auch Unterstützung in wirtschaftlicher Hinsicht gewähren wollten. Diese
BGE 116 II 394 S. 396
gegenseitige Hilfe sei aber aufgrund der finanziellen Lage der Partner mit oder ohne Heirat nicht möglich. Deshalb könne von einem Rechtsmissbrauch nicht die Rede sein, wenn die Beklagte aus wirtschaftlichen Gründen nicht heirate und an der Scheidungsrente festhalte. Sie habe trotz lange dauerndem und engem Konkubinat besondere und ernsthafte Gründe, nicht zu heiraten.
c) Nach der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist eine Scheidungsrente aufzuheben, wenn der Rentenberechtigte in einem gefestigten Konkubinat lebt, aus dem er ähnliche Vorteile zieht, wie sie eine Ehe böte, und das Festhalten an der Rente deshalb als offenbar rechtsmissbräuchlich erscheint (BGE 114 II 297 f. mit Hinweisen). Auf die Leistungsfähigkeit und die wirtschaftliche Lage des Konkubinatspartners sollte es dabei nicht entscheidend ankommen (BGE 109 II 190), sondern vielmehr auf den Grad der inneren Verbundenheit und das Bestehen einer Schicksalsgemeinschaft (BGE 114 II 297). Die bundesgerichtliche Rechtsprechung ging ursprünglich von einer ausschliesslich auf Rechtsmissbrauch beruhenden Begründung aus, und näherte sich in der Folge einer analogen Anwendung von Art. 153 Abs. 1 ZGB auf mit einer Ehe vergleichbare Verhältnisse. Obwohl von einer solchen analogen Anwendung ausdrücklich gesprochen wird (so BGE 114 II 298 E. 1b), wurde es bis anhin abgelehnt, ganz von der Betrachtungsweise des Rechtsmissbrauchs abzurücken. Im letzten zu dieser Frage publizierten Entscheid führte das Bundesgericht noch aus, dass ein gefestigtes Konkubinat die Vermutung nahelege, von einer neuen Ehe werde nur deshalb abgesehen, um den scheidungsrechtlichen Unterhaltsanspruch nicht untergehen zu lassen (BGE 114 II 298 E. 1c). Als Gegenstand des dem Rentenberechtigten zustehenden Gegenbeweises wird dann allerdings in erster Linie bezeichnet, "dass besondere und ernsthafte Gründe vorliegen, die der begründeten Erwartung einer eheähnlichen Versorgung entgegenstehen" (BGE 114 II 298 f.). Wie das Bundesgericht im gleichen Entscheid sodann festhält, bilden das Beweisthema nicht so sehr die Gründe, weshalb das Konkubinat der Ehe vorgezogen wird (so noch BGE 106 II 5 oben); vielmehr komme es darauf an, ob aufgrund der gesamten Umstände nicht erwartet werden könne, "dass eine mit der Ehe vergleichbare gegenseitige Unterstützung des bedürftigen Partners sichergestellt" sei (BGE 114 II 299). Es geht somit um die Qualität der Lebensgemeinschaft und nicht um die Gründe, warum auf eine Heirat verzichtet wird.
BGE 116 II 394 S. 397
Nachdem vorliegend unbestritten ist, dass das Konkubinat insofern ein gefestigtes ist, als es mehr als fünf Jahre gedauert hat und die Partner willens sind, sich gegenseitig wie Ehegatten zu unterstützen und beizustehen, bleibt nur noch zu prüfen, ob die Scheidungsrente weiter geschuldet ist, weil - wie in der Berufung geltend gemacht wird - eine gegenseitige Unterstützung wirtschaftlich nicht möglich sei und eine Heirat sich ungeachtet der Scheidungsrente für beide Konkubinatspartner finanziell verheerend auswirken würde.