14.7 Glossar

Adäquater Kausalzusammenhang:
Schränkt die natürlich kausalen Ursachen auf die rechtlich wesentlichen ein. Ist gegeben, wenn das Verhalten des Täters nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der Erfahrung des Lebens an sich geeignet war, einen Erfolg von der Art des eingetretenen herbeizuführen und daher der Eintritt dieses Erfolges durch die konkrete Tatsache als begünstigt erscheint.
Depotvertretung:
Die Stimmrechte der in einer Sammelverwahrung bei Banken deponierten Aktien werden nach den Weisungen der Hinterleger ausgeübt. Bei fehlender Weisung stimmt die Bank im Sinne der Anträge des Verwaltungsrates (Art. 689d Abs. 2 OR), was insbesondere bei grossen Publikumsgesellschaften zu stossenden Ergebnissen führen kann.
Differenztheorie:
Differenz zwischen dem Vermögensbetrag, wie er nach dem schädigenden Ereignis tatsächlich vorliegt und dem Wert, der hypothetisch ohne schädigendes Ereignis erreicht worden wäre.
Dualistisches System:
Die Geschäftsführung und die Aufsicht werden von zwei unabhängigen Organen wahrgenommen (z.B. Vorstand und Aufsichtsrat in Deutschland).
Faktisches Organ:
„Personen, die tatsächlich Organen vorbehaltene Entscheide treffen oder die eigentliche Geschäftsführung besorgen und so die Willensbildung der Gesellschaft massgebend mitbestimmen.“ BGE 117 II 570 E. 3 S. 571.
Formelles Organ:
„Formelle Organe sind die ausdrücklich als solche ernannte Entscheidungsorgane, das heisst die gültig gewählten Mitglieder des Verwaltungsrates, und zwar unabhängig von ihrer tatsächlichen Funktion und Einflussnahme.“ Bärtschi, 97.
Geschäftsführende Dritte:
Sog. Direktoren: Die mit der Geschäftsleitung betrauten Personen, die nicht Verwaltungsräte sind.
Jahresabschluss:
Der Jahresabschluss des Geschäftsjahres kann frei von der Gesellschaft bestimmt werden, wird aber üblicherweise auf das Jahresende gesetzt. Aufgrund der Natur der Geschäftstätigkeit wird manchmal auch ein anderer Zeitpunkt für den Jahresabschluss gewählt, so traditionellerweise bei Bergbahnen (das Geschäftsjahr der Weisse Arena Gruppe endet beispielsweise am 30. April).
Materielles Organ:
Personen, die nicht dem Verwaltungsrat angehören und denen durch die Statuten oder das Organisationsreglement Geschäftsführungsaufgaben gültig delegiert wurden (sog. Geschäftsführung). Bärtschi, 99.
Monistisches System:
Sowohl Geschäftsführung als auch Aufsicht liegen bei einem Organ (z.B. Verwaltungsrat in der Schweiz oder board in den USA). Die Geschäftsführung kann in gewissem Umfang an eine Geschäftsleitung delegiert werden.
Natürlicher Kausalzusammenhang:
Ist gegeben, wenn das fragliche Verhalten nicht weggedacht werden kann, ohne dass auch der eingetretene Erfolg entfiele.
Negatives Interesse:
Differenz zwischen dem tatsächlichen Vermögensstand des Geschädigten und dem hypothetischen Vermögensstand, wenn er den Vertrag nicht eingegangen wäre.
Objektivierter, individualisierter Sorgfaltsmassstab:
Der Verwaltungsrat muss sich so verhalten, wie es billigerweise von einer abstrakt vorgestellten, ordnungsgemäss handelnden Person in einer vergleichbaren Situation erwartet werden kann. Verfügt ein Verwaltungsrat über überdurchschnittliche Kenntnisse, ist ein strengerer Massstab auf ihn anzuwenden.
Organ gemäss Kundgebung:
Die Haftung des Organs infolge Kundgebung ist eine spezielle Vertrauenshaftung desjenigen, der durch sein Handeln zu verstehen gibt, er sei Organ der Gesellschaft. Auf diese von der Lehre entwickelte Haftung werden die Bestimmungen der Verantwortlichkeitsklage nach Art. 754 OR lediglich analog angewendet.
Organvertreter:
Mitglied eines Gesellschaftsorgans oder andere abhängige Person, die namentlich von der Gesellschaft zur Stimmrechtsvertretung vorgeschlagen ist. Der Organvertreter vertritt den Aktionär und ist an seine Weisungen gebunden. Bei nicht traktandierten Verhandlungsgegenständen oder wo ihm keine Weisungen erteilt wurden, stimmt er im Sinne des Verwaltungsrats.
Paritätsprinzip:
Prinzip, wonach jedem Organ unentziehbare Kompetenzen zukommen. Steht im Gegensatz zur Omnipotenztheorie, wonach die Generalversammlung sämtliche Entscheide fällen kann, und zum Führerprinzip, das besagt, dass der Verwaltungsrat alle Kompetenzen an sich ziehen kann.
Pflichtaktie:
Gemäss Art. 707 aOR konnten nur Aktionäre in den Verwaltungsrat einer AG gewählt werden. Dieses Erfordernis wurde v.a. in privaten Gesellschaften dadurch erfüllt, dass die Verwaltungsräte jeweils eine Aktie erwarben – eben die Pflichtaktie.
Positives Interesse:
Differenz zwischen dem bezahlten Preis und dem eigentlichen Marktwert, wenn die Angaben vollständig und wahrheitsgemäss gemacht worden wären.
Reflexschaden:
Reflexschäden sind Vermögenseinbussen, die vom Gesichtspunkt der Kausalität nicht direkt beim Geschädigten eintreffen. Sie sind nur ersatzfähig, wenn eine Bestimmung dies explizit vorsieht (Versorgerschaden des Hausmannes durch Verlust der erwerbstätigen Ehefrau bei einem Unfall; ersatzfähig nach Art. 45 Abs. 3 OR).
Unabhängiger Stimmrechtsvertreter:
Unabhängiger, von der Gesellschaft bezeichneter Dritter, der das Stimmrecht des Aktionärs vertritt und an dessen Weisungen gebunden ist.
Unentziehbare Aufgaben:
Aufgrund des Paritätsprinzips kann die Generalversammlung keine der aufgeführten Kompetenzen des Verwaltungsrats an sich ziehen. Vgl. aber Art. 716b Abs. 1 E-OR.
Universalversammlung:
Generalversammlung, an der sämtliche Aktien vertreten sind und die deshalb auch ohne ordentliche Einberufung über alle Gegenstände gültig entscheiden kann, die in den Kompetenzbereich der Generalversammlung fallen.
Unübertragbare Aufgaben:
Zwar kann die Vorbereitung und die Ausführung des Entscheids übertragen werden (Art. 716a Abs. 2 OR). Die Verantwortung für den Entscheid aber verbleibt beim Gesamtverwaltungsrat.
Versammlungsleitung:
Obliegt dem Vorsitzenden, regelmässig dem Verwaltungsratspräsidenten.
virtuelle Generalversammlung:
Generalversammlung, bei der die Aktionäre nicht physisch anwesend sind, sondern über elektronische Hilfsmittel teilnehmen.
Zirkulationsbeschluss:
Schriftliche Stimmabgabe per Post, durch welche regelmässig Verwaltungsratsbeschlüsse gefällt werden. Bei Genossenschaften „Urabstimmung“ genannt (Art. 880 OR).