3.1.1 Kirche und weltliche Herrschaft: zwischen Reichskirche und Investiturstreit - Die Ottonisch-salische Reichskirche: Grundlagen und Übersicht

Eines der tragenden Elemente in der Herrschaftsorganisation der Ottonen und fortan auch der salischen Könige ist die Kirche: Die kaiserliche Hoheit über die Bistümer des Reiches fand ihren Ausdruck in der (faktischen) Besetzung insbesondere der Bischofsämter und der Äbte von zentralen Klöstern im Reich. Dabei wirken die Bischöfe aber nicht nur als Leiter ihrer Bistümer. Durchgängig werden sie durch die ottonisch-salischen Herrscher auch mit weltlichen Herrschaftsrechten ausgestattet und schulden dem Herrscher im Gegenzug das termservitium regis. Die so entstehende und hier nur in Umrissen skizzierbare Verflechtung von Herrschertum und Kirchenverfassung wird in der Literatur als „ottonisch-salische Reichskirche“ (oder bisweilen sogar als „Reichskirchensystem“) bezeichnet. Ihre Wurzeln lassen sich in die fränkische Zeit zurückverfolgen.

Die Entstehung der ottonisch-salischen Reichskirche ist nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der Auseinandersetzung zwischen Königtum und (weltlichem) Adel zu sehen: Zu Beginn des 10. Jahrhunderts war es dem Adel gelungen, die Befugnisse aus den früher grundsätzlich nur auf Zeit verliehenen Grafen- und Herzogsrechten dauerhaft den adeligen Familienverbänden zu erhalten. Doch konnte Otto I. nach 937 seinen Anspruch durchsetzen, alle Bischöfe im Reich einzusetzen und meist entscheidend auch an der Bestellung der Äbte in den bereits in karolingischer Zeit entstandenen Reichsklöstern mitzuwirken. Damit schafft sich das Königtum ein institutionelles Gegengewicht zu den Herrschaftsinstitutionen des Adels. Zugleich wurde es möglich, königliche Herrschaft auch in grösseren Regionen auf eine neue institutionelle Grundlage zu stellen. Die ottonisch-salische Reichskirche machte es aber auch möglich, den Reichsadel auf je begrenzte Zeit in die königliche Herrschaft einzubeziehen: So übertrug der König zwar regelmässig Bischofsämter auf Mitglieder adeliger Familien. Doch anders als etwa beim Grafenamt war die Bestellung der Bischöfe stets auf deren Lebenszeit beschränkt, eine Vererblichkeit des Bischofsamtes (kirchen-)rechtlich nicht möglich. Damit hatte es der König immer wieder neu in der Hand, durch die Vergabe von Bischofsämtern einzelne Familien an sich zu binden und sich zugleich jeweils neue loyale Parteigänger zu schaffen.

Reichskirchliche Organisationsstrukturen werden auch in anderen Regionen dieser Zeit erkennbar. Dabei waren die Motive des herrscherlichen Handelns wohl ähnlich gelagert wie bei den Ottonen und Saliern: Durch die gezielte Verflechtung kirchlicher und weltlicher Herrschaftsorganisation wurde die sakrale Legitimation des Herrschers betont. Mit der Einbeziehung auch kirchlicher Organisationsstrukturen in die Sphäre des Königs oder Kaisers verbreiterte sich zugleich die herrscherliche Machtbasis.

Lernziele

  • Wissen: Grundlagenkenntnisse zur Entstehung, Stellung und Struktur der Reichskirche im Hochmittelalter
  • Verständnis: folgt
  • Beurteilung: folgt