3.5.1 Montesquieu: Biographie

Charles-Louis de Secondat, Baron de La Brède et de Montesquieu, wie der als Montesquieu bekannte Denker mit vollem Namen heisst, wurde 1689 in eine Familie des hohen Amtsadels geboren. Zunächst zuhause im Chateau de la Brède eingeschult, besuchte er ab 1700 das Kolleg der Oratorianer-Mönche in Juilly, eine für ihren kritischen Geist bekannte Privatschule. Von 1705 bis 1708 studierte Montesquieu Rechtswissenschaften in Bordeaux und praktizierte im Anschluss für einige Jahre als Rechtsanwalt in Paris, nachdem sein Onkel ihm den Baronstitel überschrieben hatte. Mit dem Tod seines Vaters 1713 kehrte er nach Chateau de la Brède zurück und amtete von nun an als Gerichtsrat im Parlament von Bordeaux. Diese Stelle wurde ihm von seinem Onkel verschafft, welcher Montesquieu ebenfalls die wohlhabende Hugenottin Jeanne de Lartigue „vermittelte“. Aus der 1715 geschlossenen Ehe entstammten drei Kinder.

1716 wurde er in die Académie von Bordeaux aufgenommen, einen jener locker organisierten Zirkel, die in größeren Städten Gelehrte, Literaten und sonstige geistig Interessierte vereinten. Im selben Jahr „erbt“ Montesquieu mit dem Tod seines Onkels das Amt des Gerichtspräsidenten von Bordeaux, welches er für zehn Jahre ausüben sollte. Montesquieu wird zudem Präsident der Académie von Bordeaux, sein Bekanntheitsgrad steigt an. Dazu trug insbesondere die Publikation seines Briefromans „Lettres Persanes“ von 1721 bei, welche umgehend erfolgreich Absatz fanden. In der Folge festigte Montesquieu seinen Ruf als Intellektueller und wurde 1728 (im zweiten Anlauf) in die Académie française gewählt.

Noch im selben Jahr trat Montesquieu eine dreijährige Europareise an, auf welcher er 1730 in die London Royal Society aufgenommen wurde und in die Freimauerei eingeführt wurde.

Zurück in Chateau de la Brède widmete er sich der Ausarbeitung seiner grossen Schriften. Von 1731 an bis zur Publikation 1734 schreibt Montesquieu die „Considérations sur les causes de la grandeur des Romains et de leur décadence“. In diesem Werk strebt er an, nach wissenschaftlicher Methode so etwas wie gesetzmäßige Verläufe im Schicksal von Staaten nachzuweisen. Montesquieu legt in den „Considérations“ die These dar, dass Eigenschaften von Bürgern mit der spezifischen Staatsform, in der sie leben, korrelieren. Demnach handeln Bürger einer Republik tugendhaft, während sie im monarchischen System durch Ehre bewogen werden oder unter einem Despoten aus Furcht handeln. Die Tugend der republikanischen Bürger Roms deutet Montesquieu daher als Grund des Aufstiegs Roms und sieht in der Alleinherrschaft Caesars die Ursache für den Zerfall des Reiches. Die "Considérations " können somit nicht zuletzt auch als versteckte Absolutismus-Kritik gedeutet werden.

Diese Erkenntnisse spinnt Montesquieu weiter zu einer ausgewachsenen Staatstheorie. Stets nach wissenschaftlicher Methode arbeitend erachtete der Philosoph nun nebst menschlichen Eigenschaften weitere Umstände wie Umwelt, Geographie, Klima, Wirtschaft, Religion etc. als Faktoren, welche entscheidenden Einfluss auf die Ausgestaltung eines Staates haben könnten. Aufgrund der aus dieser Vielzahl von Faktoren zwangsläufig resultierenden Divergenz der Staatsformen erkannte Montesquieu die Notwendigkeit, theoretische Grundlagen für ein allgemeingültiges Regime zu legen. Ein solch umfassendes System legt Montesquieu im "Esprit des Lois" dar, welchen er 1748 nach vierzehnjähriger Arbeit publizierte. Die Publikation erfolgte anonym, da sein gesamtes Werk der Zensur unterlag. Drei Jahre später wurde das Werk dennoch indexiert, trotz Bemühungen Montesquieus, dies etwa mit der Schrift "Défense de l'Esprit des Lois" (1750) zu verhindern.

1755, im Jahre des krankheitsbedingten Todes Montesquieus fand sein Prinzip der Gewaltenteilung (avant la lettre; Montesquieu hatte den Ausdruck nie verwendet) ein erstes Mal Anwendung in der Verfassung der Republik Korsika, wenn auch bis 1769 nur kurzfristig.

Der Einfluss von Montesquieus Magnum Opus auf die Verfassungsgebung über die folgenden Jahrhunderte sucht seinesgleichen. Vor allem ist erstaunlich, wie die USA geradezu umfassend das Konstrukt des "Orakels" Montesquieu für bare Münze nahmen und in die Verfassungspraxis umsetzten.

Heute ist die Gewaltenteilung nach Montesquieu ein unbestrittener Grundpfeiler eines jeden demokratischen Rechtsstaats.