5.3 Kognition

Kognition bedeutet Prüfzuständigkeit der Beschwerdeinstanz. Letztere muss die ihr gesetzlich eingeräumte Kognition ausschöpfen. Kognition und zulässige Beschwerdegründe entsprechen sich. Mögliche Rügen muss also die Beschwerdeinstanz auch prüfen. Eine Behörde verfügt über umfassende Kognition, wenn sie sowohl Rechtsverletzungen, falsche Sachverhaltsfeststellungen als auch Unangemessenheit überprüfen kann. Weiter wird unterschieden zwischen Willkürkognition und freier Kognition. Bei ersterer hat sich die Behörde bei ihrer Prüfung darauf zu beschränken, ob das Recht ohne Willkür angewendet worden ist. Hat die Behörde freie Kognition, ist sie in ihrer Prüfung der Rechtmässigkeit uneingeschränkt.

Welche Überprüfungskompetenz welchem Gericht zukommt, ist den einschlägigen Gerichtsorganisations- und Verfahrensgesetzen (BGG, VGG und VwVG) zu entnehmen. Vorweg ist festzuhalten, dass die Kognition im Laufe des Instanzenzugs immer enger wird. Alle Beschwerdeinstanzen, die dem VwVG unterstehen, haben volle Kognition (Art. 49 lit. a-c VwVG). Aufgrund des Verweises in Art. 37 VGG gilt die volle Kognition auch für das Bundesverwaltungsgericht. Dagegen steht dem Bundesgericht nur eine eingeschränkte Kognition zu; es prüft gemäss Art. 95 und 96 BGG grundsätzlich nur Rechtsverletzungen. Gänzlich verwehrt ist ihm die Überprüfung, ob ein Entscheid angemessen war. Eine Überprüfung des Sachverhalts ist gemäss Art. 97 BGG nur in den darin umschriebenen Fällen möglich.

Nachfolgende Darstellung soll die nach oben enger werdende Kognition verdeutlichen.

Vom Begriff der Kognition ist derjenige der Prüfungsdichte zu unterscheiden. Diese gibt an, wie genau die Beschwerdeinstanz die Beschwerdegründe überprüft. Obwohl Rechtsfragen uneingeschränkt überprüfbar sind, üben sich die Beschwerdeinstanzen bei deren Beurteilung oft in Zurückhaltung. V.a. bei Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe kann es angebracht sein, das Fachwissen oder die Ortskunde der Vorinstanz zu respektieren. Da die Beschwerdeinstanz meist weiter vom eigentlich zu entscheidenden Sachverhalt entfernt ist, rechtfertigt sich die Einräumung dieses Beurteilungsspielraumes. Das Bundesgericht spricht vom sog. technischen Ermessen (BGE 135 II 384 E. 2.2.2).

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die sog. „Ohne-Not-Praxis“ des Bundesgerichts. Danach hat eine Rechtsmittelinstanz nicht ohne Not von Ausführungen der Vorinstanz abzuweichen bei Fragen technischer oder wirtschaftlicher Natur, die ein spezifisches Fachwissen erfordern (z.B. bei Überprüfung der Angemessenheit von Prüfungsresultaten).