5. a) Demnach ist dem Erstbeklagten als Verwaltungsrat einzig vorzuwerfen, auf den Darlehensforderungen gegenüber W. H. keine Wertberichtigungen vorgenommen zu haben. Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz lässt sich nicht beurteilen, in welchem Umfang solche Wertberichtigungen nach den allgemein anerkannten kaufmännischen Grundsätzen erforderlich gewesen wären. Demzufolge ist die Streitsache zur Ergänzung des Sachverhalts an das Obergericht zurückzuweisen.
Ergibt sich nach dieser Ergänzung eine Überschuldung der H. AG, wird weiter zu prüfen sein, ob und gegebenenfalls wann
BGE 116 II 533 S. 541
der Erstbeklagte nach Art. 725 Abs. 3 OR verpflichtet gewesen wäre, den Richter zu benachrichtigen, leiten die Klägerinnen den zu beurteilenden Schaden doch ausschliesslich aus einer Verzögerung der Konkurseröffnung ab. Dabei wird zu beachten sein, dass die Auslegung von Art. 725 Abs. 3 OR, welcher die vorbehaltlose und unbedingte Pflicht der Verwaltung vorsieht, bei Überschuldung der Aktiengesellschaft den Richter zu benachrichtigen, in der jüngeren Lehre und Rechtsprechung erheblich relativiert worden ist. So vertritt etwa M. DUSS (Rangrücktritt des Gläubigers bei Überschuldung der Aktiengesellschaft, SAG 44/1972 S. 4) die Meinung, die Anzeige könne unterbleiben, solange Sanierungschancen beständen, es sei denn, Forderungen der Gesellschaftsgläubiger würden durch neuerliche Verschlechterung der finanziellen Lage gefährdet. Auch nach FORSTMOSER (Die aktienrechtliche Verantwortlichkeit, 2. Aufl. 1987, S. 249 Rz. 842) verletzt die Verwaltung ihre Pflicht nicht, wenn sie unverzüglich saniert, statt sich an den Richter zu wenden; jedenfalls handelt sie nicht schuldhaft, wenn sie in einer schwierigen Lage tut, was vernünftigerweise von einem Unternehmer erwartet werden darf (FORSTMOSER, a.a.O., Rz. 843). Diesen Auffassungen hat sich das Bundesgericht angeschlossen (BGE 108 V 188). Die Vorinstanz wird daher auch zu prüfen haben, ob bei allfälliger Überschuldung konkrete Aussichten auf eine Sanierung bestanden haben, welche es rechtfertigten, von einer sofortigen Benachrichtigung des Richters abzusehen.
Kommt die Vorinstanz zum Schluss, der Erstbeklagte habe pflichtwidrig den Richter nicht benachrichtigt, wird sie weiter zu prüfen haben, ob der Gesellschaft aus der dadurch bewirkten Verzögerung der Konkurseröffnung ein Schaden erwachsen ist, wie die Klägerinnen geltend machen. Gegebenenfalls wird sie über das Mass der Ersatzpflicht des Erstbeklagten zu befinden haben.
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist die Kontrollstelle ebenfalls verpflichtet, die ausgewiesenen Gesellschaftsaktiven auf ihren tatsächlichen Bestand zu überprüfen. Gegebenenfalls hat sie die Massnahmen nach Art. 725 OR zu veranlassen (BGE 112 II 462). Die Prüfung der Bilanzwahrheit erstreckt sich dabei nicht bloss auf das Anlage- und Umlaufsvermögen (BGE 112 II 462), sondern auch auf die Forderungen (nicht publ. E. 3a und d von BGE 112 II 462). In der Literatur werden hiezu im allgemeinen restriktivere Auffassungen vertreten. Nach einem Teil der Lehre ist die Kontrollstelle zur Prüfung der Bonität der
BGE 116 II 533 S. 542
Debitoren überhaupt nicht verpflichtet (SCHUCANY, Kommentar zum schweizerischen Aktienrecht, 2. Aufl. 1960, N 3 zu Art. 728 OR; VON STEIGER, Das Recht der Aktiengesellschaft in der Schweiz, 4. Aufl. 1970, S. 283), nach anderen Autoren bloss stichprobeweise (BÜRGI, N 32 zu Art. 728 OR; MEIER-HAYOZ/FORSTMOSER, Grundriss des schweizerischen Gesellschaftsrechts, 6. Aufl. 1989, S. 292 Rz. 141) oder auf offenkundige Gefährdungen hin (FORSTMOSER, a.a.O., S. 258 Rz. 885 mit Kritik an BGE 112 II 462 in Fn. 1613). Indessen wird auch in der Literatur zunehmend auf die Bedeutung der Kontrollaufgaben im Hinblick auf die Sicherung des Unternehmensbestandes und die Gewährleistung der Betriebsfortführung hingewiesen (VON GREYERZ, SPR VIII/2, S. 215/6; BÄHLER, recht 1989, S. 22 ff., 24 ff.; HÜTTE, Der Schweizer Treuhänder 1987 S. 391 ff., 392).
Auf die Erwägungen in BGE 112 II 462 zurückzukommen, besteht jedenfalls vorliegend keine Veranlassung. Angesichts des Umfangs der W. H. gewährten Darlehen (Klumpenrisiko), der wirtschaftlichen Verflechtung von Darlehensnehmer und Aktiengesellschaft sowie der von ihr zum Jahresabschluss per 31. Januar 1975 bereits angebrachten Beanstandungen durfte die Kontrollstelle jedenfalls nicht davon absehen, die Bonität des Hauptschuldners zu prüfen. Mithin ist auch ihr als Sorgfaltspflichtverletzung anzulasten, dass sie keine Wertberichtigungen verlangt und damit eine mögliche Überschuldung der Aktiengesellschaft nicht kenntlich gemacht hat. Dass sie das Klumpenrisiko erkannt und dessen Abbau gefordert hat, hat sie von den materiellen Bilanzprüfungspflichten nicht entlastet.
Bei objektiv gegebener Überschuldung der H. AG ist daher dem Zweitbeklagten vorzuwerfen, dies als Kontrollstelle nicht erkannt und darauf nicht aufmerksam gemacht zu haben. Ob sich daraus eine Haftung für den behaupteten Schaden aus Verzögerung der Konkurseröffnung ergibt, wird auch für die Kontrollstelle durch die Vorinstanz noch zu prüfen sein.
c) Schliesslich wird die Vorinstanz bei gegebener Haftung des Erst- und des Zweitbeklagten noch die Behauptung zu prüfen haben, die Drittbeklagte habe als faktisches Organ der H. AG nach den für die statutarische Kontrollstelle geltenden Grundsätzen für den geltend gemachten Schaden einzustehen.