4. Die Vorinstanz ist unter Berufung auf Art. 650 Abs. 2 Ziff. 2 OR zum Ergebnis gekommen, der Erhöhungsbeschluss der Generalversammlung vom 2. August 1993 sei ungültig, weil eine Herabsetzung des Aktienkapitals mit anschliessender Kapitalerhöhung auf den ursprünglichen Betrag aus Gründen der Rechtssicherheit und Transparenz gegen aussen nach einem klaren, ausdrücklichen Entscheid der Generalversammlung über das Schicksal der Rechte von Aktionären verlange, die sich an der Erhöhung nicht beteiligen wollen. Die Beklagte rügt mit der Berufung, diese Betrachtungsweise sei bundesrechtswidrig. Nach ihrer Auffassung ergibt sich aus Art. 692 Abs. 2 OR, dass solchen Aktionären, die keine eigene Aktionärskategorie bildeten, je eine Stimme verbleibe, wenn ein diesbezüglicher Entscheid der Generalversammlung fehle.
a) Im Rahmen einer Sanierung der Gesellschaft kann der Nennwert der Aktien unter den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestbetrag von zehn Franken herabgesetzt werden (Art. 622 Abs. 4 OR). Es ist auch zulässig, die Aktien gänzlich abzuschreiben (BGE 86 II 78 E. 3c S. 82; FORSTMOSER, a.a.O., S. 609 f. N. 424). Die Abschreibung kann entweder durch Vernichtung der Aktien oder durch Herabsetzung des Nennwertes auf Null erfolgen (KÜNG, a.a.O., N. 13 Vorbemerkungen zu Art. 732-735 OR). Voraussetzung ist in beiden Fällen, dass bei der Herabsetzung ebenso wie bei der Wiedererhöhung des Kapitals die allgemeinen Rechtsgrundsätze beachtet werden, welche hinsichtlich der Beziehungen der Aktionäre untereinander und zur Gesellschaft gelten. Im Vordergrund stehen in diesem Zusammenhang das Gebot der Gleichbehandlung der Aktionäre und die Gewährleistung der unentziehbaren Aktionärsrechte. Das alte Aktienrecht regelte diese Fragen unter dem Titel des Schutzes der wohlerworbenen Rechte, welche den einzelnen Aktionären nicht ohne ihre Zustimmung entzogen werden konnten (Art. 646 Abs. 1 aOR). Dazu gehörten insbesondere die Mitgliedschaft und das Stimmrecht (Art. 646 Abs. 3 aOR). Im revidierten Aktienrecht wird der Begriff der wohlerworbenen Aktionärsrechte nicht mehr verwendet. Damit wurde gemäss der Botschaft des Bundesrates (a.a.O., S. 821) der Entwicklung von Rechtsprechung und Lehre
BGE 121 III 420 S. 428
Rechnung getragen, welche die Mangelhaftigkeit der Legaldefinition und die Lückenhaftigkeit der exemplarischen Aufzählung in Art. 646 Abs. 3 aOR gezeigt hatte. Nicht übernommen wurde zudem die in der Lehre teilweise befürwortete Unterscheidung zwischen absolut und relativ wohlerworbenen Aktionärsrechten (vgl. dazu WALTER RENÉ SCHLUEP, Die wohlerworbenen Rechte des Aktionärs und ihr Schutz nach schweizerischem Recht, Diss. St. Gallen 1955, S. 18 f., 20 f., 30 ff., S. 415 f.). Massgebendes Unterscheidungskriterium sollten vielmehr die im Gesetz festgelegten Rechtsfolgen eines Eingriffs der Generalversammlung in bestimmte Aktionärsrechte sein (Botschaft, a.a.O., S. 822; vgl. Art. 706 und 706b OR). Auch nach der Revision des Aktienrechts muss somit beim Entscheid über die Zulässigkeit des Entzugs oder der Einschränkung von Aktionärsrechten durch die Generalversammlung wegleitend sein, dass unentziehbare Aktionärsrechte bestehen (vgl. zum Beispiel die in Art. 706b Ziff. 1 OR aufgezählten Rechte). Dazu gehören auch nach neuem Aktienrecht die Mitgliedschaft und das Recht auf mindestens eine Stimme (BÖCKLI, a.a.O., S. 527 Rz. 1936; vgl. zum alten Aktienrecht: SCHLUEP, a.a.O., S. 97 ff. und S. 133 ff.). Diese Rechte können bei einer sanierungsbedingten vollständigen Abschreibung des Aktienkapitals den Aktionären, die sich an der Sanierung nicht beteiligen wollen, nicht gegen ihren Willen entzogen werden.
b) Die Klägerinnen stellen zu Recht nicht in Frage, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung der Aktionäre sowohl in bezug auf die Kapitalherabsetzung wie auch die Heraufsetzung beachtet worden ist. Zur Durchführung der Herabsetzung des bisherigen Aktienkapitals auf Null wurden sämtliche Aktien abgeschrieben, betroffen waren somit alle Aktionäre in gleicher Weise. Allen bisherigen Aktionären wurde sodann für die Wiedererhöhung des Aktienkapitals auf den früheren Betrag ein Bezugsrecht auf neue, gleichartige Aktien eingeräumt, so dass auch in dieser Hinsicht die Gleichbehandlung der Aktionäre gewährleistet war. Die Klägerinnen behaupten zudem nicht, durch die vollständige Abschreibung der Aktien seien ihre Rechte in weitergehendem Masse beschnitten worden, als sachlich gerechtfertigt war. Sie räumen im Gegenteil selbst ein, die vollständige Abschreibung sei gerechtfertigt gewesen, wenn sie in Frage stellen, ob die von der Generalversammlung getroffenen Massnahmen zur Sanierung ausreichten und in diesem Zusammenhang behaupten, die Gesellschaft sei höher verschuldet als angenommen. Es ist unter diesen Umständen als unbestritten anzusehen, dass die Aktionäre ihr Aktienkapital im Falle der Liquidation
BGE 121 III 420 S. 429
oder des Konkurses der Gesellschaft verloren hätten. Keine Rolle spielt deshalb im vorliegenden Fall die Frage, ob den bisherigen Aktionären, die sich an der Kapitalheraufsetzung nicht beteiligen wollten, über das gesetzliche Minimum hinausgehende Rechte zum Ausgleich von Ansprüchen eingeräumt werden müssten, die sie hätten realisieren können, wenn die Gesellschaft nicht saniert, sondern liquidiert worden wäre.
c) Wie bereits festgehalten worden ist, kann die Generalversammlung einem Aktionär die Mitgliedschaft und das Recht auf mindestens eine Stimme nicht gegen seinen Willen entziehen. An der Generalversammlung vom 2. August 1993 wurde darüber nicht entschieden, was nach Auffassung der Vorinstanz, der sich die Klägerinnen anschliessen, die Ungültigkeit des Erhöhungsbeschlusses zur Folge hat. Diese Frage ist im folgenden zu prüfen.
aa) Das Verfahren der Kapitalerhöhung ist mit der Revision des Aktienrechts neu geregelt worden. Die Generalversammlung hat danach im Unterschied zur altrechtlichen Ordnung nur noch einen einzigen Beschluss zu fassen, nämlich jenen über die Kapitalerhöhung selbst, zu deren Durchführung neu der Verwaltungsrat beauftragt und ermächtigt wird (BÖCKLI, a.a.O., S. 47 Rz. 153; ISLER, Ausgewählte Fragen der Kapitalerhöhung, AJP 1992, S. 726). Der Beschluss der Generalversammlung bewirkt für sich allein noch keine Kapitalerhöhung (BÖCKLI, a.a.O., S. 52 Rz. 170). Vielmehr hat der Verwaltungsrat nach Art. 652g OR in Durchführung des Beschlusses die Statuten zu ändern und dabei insbesondere festzustellen, dass sämtliche Aktien gültig gezeichnet worden sind (Abs. 1 Ziff. 1), dass die versprochenen Einlagen dem gesamten Ausgabebetrag entsprechen (Abs. 1 Ziff. 2) und sie in Übereinstimmung mit den Anforderungen des Gesetzes, der Statuten oder des Generalversammlungsbeschlusses geleistet worden sind (Abs. 1 Ziff. 3). Der Verwaltungsrat hat sodann die Statutenänderungen und seine Feststellungen beim Handelsregister zur Eintragung anzumelden (Art. 652h Abs. 1 OR; vgl. dazu BÖCKLI, a.a.O., S. 63 f. Rz. 215 und 218; ZINDEL/ISLER, in Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, Basel, N. 1-5 zu Art. 652g OR).
bb) Art. 650 Abs. 2 OR zählt abschliessend auf, welchen Inhalt der Beschluss der Generalversammlung über die Kapitalerhöhung haben muss (ZINDEL/ISLER, a.a.O., N. 5 zu Art. 650 OR). Von Interesse ist im vorliegenden Fall Ziffer 2 von Absatz 2, wonach der Beschluss Anzahl, Nennwert und Art der Aktien sowie Vorrechte einzelner Kategorien angeben muss. Diese Angaben sind nach zutreffender Lehrmeinung dann nicht
BGE 121 III 420 S. 430
notwendig, wenn die Aktienstruktur durch die zur Kapitalerhöhung neu geschaffenen Aktien nicht verändert wird, weil diese Aktien in ihrer Art und dem Nennwert den bisherigen - mit der Kapitalherabsetzung abgeschriebenen - Aktien entsprechen. Unter solchen Umständen muss auch keine Statutenänderung erfolgen (ROBERT MEIER, Die Aktiengesellschaft, S. 294 Rz. 429; MONTAVON/WERMELINGER, Droit et pratique de la société anonyme, Bd. II, S. 341). Das gilt jedenfalls dann, wenn die Generalversammlung beschliesst, die mit der Herabsetzung des Aktienkapitals abgeschriebenen Aktien zu vernichten. Davon zu unterscheiden ist der - hier nicht gegebene - Fall, dass der Nennwert der alten Aktien auf Null vermindert wird, die Aktien somit zu solchen ohne Nennwert umgestaltet werden (vgl. BGE 86 II 78 E. 3a S. 81 und dazu JÄGGI, Zur Schaffung von privilegierten Aktien und von Genusscheinen, in Etudes de droit commercial en l'honneur de Paul Carry, S. 79 ff., S. 89). Die damit, bzw. an sich schon mit der Herabsetzung, geschaffenen Aktien stellen eine eigene Aktienart im Sinne von Art. 650 Abs. 2 OR dar. Ihre Anzahl und Ausgestaltung hinsichtlich des Stimmrechts muss deshalb Gegenstand des Beschlusses der Generalversammlung bilden. Darüber hinaus ist eine Änderung der Statuten erforderlich (KÜNG, a.a.O., N. 13 Vorbemerkungen zu Art. 737-735 OR). Für den Ausgang dieses Verfahrens unerheblich und deshalb nicht zu prüfen ist im übrigen die Frage, welche Stellung und allenfalls speziellen Rechte den Aktionären mit solchen Aktien ohne Nennwert innerhalb der Aktiengesellschaft zukommen soll.
cc) Im vorliegenden Fall hat die Generalversammlung beschlossen, die im Rahmen der Aktienkapitalherabsetzung abgeschriebenen Aktien zu vernichten. Zur Frage der Mitgliedschaft und des Stimmrechts von Aktionären, die sich an der anschliessenden Erhöhung des Kapitals auf den vorherigen Betrag nicht beteiligen wollten, hat sich die Generalversammlung nicht geäussert, und brauchte sie von Gesetzes wegen auch nicht, wie schon ausgeführt worden ist. Die damit entstandene Regelungslücke ist nach Massgabe der bereits in Erwägung 4a) erörterten Grundsätze über die unentziehbaren Aktionärsrechte zu füllen. Unentziehbar ist zunächst die Mitgliedschaft als solche. Die Klägerinnen bleiben deshalb Aktionärinnen der Beklagten, obschon sie nicht mehr an deren Aktienkapital beteiligt sind. Sie nehmen im Vergleich zu den übrigen Aktionären eine Sonderstellung ein, da ihrer Mitgliedschaft nicht wie im Normalfall eine Kapitalbeteiligung zugrunde liegt, sondern sie
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unmittelbar gesetzlich begründet ist. Unentziehbar ist sodann auch das Mindeststimmrecht der Klägerinnen. Es wäre zwar - entsprechend dem eventuellen Feststellungsbegehren der Klägerinnen - möglich gewesen, ihnen die Stimmrechte im bisherigen Umfang zu belassen (vgl. dazu FORSTMOSER, a.a.O., S. 610 Rz. 425; BÜRGI, Zürcher Kommentar, N. 44 ff. zu Art. 692 OR). Das hätte indessen einen entsprechenden Beschluss der Generalversammlung vorausgesetzt. Fehlt er wie im vorliegenden Fall, so verbleibt den betreffenden Aktionären einzig das ihnen nach den erwähnten Grundsätzen nicht entziehbare Recht auf mindestens eine Stimme. Dieses Stimmrecht braucht weder im Erhöhungsbeschluss der Generalversammlung angegeben noch in den Statuten festgehalten zu werden, da es von Gesetzes wegen mit der unentziehbaren Mitgliedschaft verbunden ist. Nicht zu prüfen ist im übrigen, ob die den Klägerinnen zustehenden Stimmrechte im Handelsregister bekannt zu machen sind, da diese Frage die Gültigkeit der angefochtenen Beschlüsse nicht beeinflussen kann.