2. Nach Art. 216 Abs. 2 OR bedarf ein Vertrag, durch den ein Kaufsrecht an einem Grundstück begründet wird, zu seiner Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung.
a) Die öffentliche Beurkundung ist die Aufzeichnung rechtserheblicher Tatsachen oder rechtsgeschäftlicher Erklärungen durch eine vom Staat mit dieser Aufgabe betraute Person, in der vom Staate geforderten Form und in dem dafür vorgesehenen Verfahren. Das Bundesrecht sagt selber nicht, in welcher Weise und in welchem Verfahren die öffentliche Beurkundung bei Kaufverträgen über Grundstücke, zu denen auch der Kaufsrechtsvertrag gehört (BGE 86 II 36), vorzunehmen ist, noch wer solche Verträge verurkunden darf; das im einzelnen zu regeln, ist durch Art. 55 Abs. 1 SchlT ZGB vielmehr den Kantonen überlassen worden.
Der kantonalen Regelung sind indes durch das Bundesrecht Schranken gesetzt. Nach diesem Recht beurteilt sich, was unter der öffentlichen Beurkundung zu verstehen ist und welchen Mindestanforderungen sie zu genügen hat (BGE 84 II 640 Erw. 1, BGE 90 II 281 Erw. 5 mit Zitaten). Das Bundesrecht schreibt die öffentliche Beurkundung im Verkehr mit Grundstücken insbesondere vor, weil es die Vertragsparteien vor unüberlegten Entschlüssen bewahren und dafür sorgen will, dass sie die Tragweite ihrer Verpflichtungen erkennen und dass ihr Wille in der Urkunde klar und vollständig zum Ausdruck kommt (BGE 90 II 281 /2). Mit der öffentlichen Beurkundung will es zudem eine sichere Grundlage für den Grundbucheintrag schaffen. Mit Rücksicht auf diese Ziele muss von Bundesrechts wegen verlangt werden, dass die Urkundsperson in der von ihr zu errichtenden Urkunde alle Tatsachen und Willenserklärungen feststellt, die für den materiellrechtlichen Inhalt des zu beurkundenden Rechtsgeschäftes wesentlich sind (BGE 94 II
BGE 99 II 159 S. 162
272/3 und 95 II 310 mit Zitaten; MUTZNER, Die öffentliche Beurkundung im schweizerischen Privatrecht, ZSR 1921 S. 118a; BECK, N. 6 zu Art. 55 SchlT ZGB; MEIER-HAYOZ, N. 92 zu Art. 657 ZGB; HANS HUBER, Die öffentliche Beurkundung als Begriff des Bundesrechts, ZBJV 1967 S. 249 ff.).
Muss die kantonale Regelung einerseits die sich aus dem Begriff und Zweck der öffentlichen Beurkundung ergebenden Mindestanforderungen erfüllen, so darf sie anderseits auch nicht so weit gehen, dass sie die Wirksamkeit des Bundeszivilrechts beeinträchtigt oder verunmöglicht (MUTZNER, a.a.O. S. 113a; BECK, N. 4 zu Art. 55 SchlT ZGB; KUMMER, N. 32a zu Art. 9 ZGB; HUBER, a.a.O. S. 259). Sie darf insbesondere nicht die Gültigkeit eines formbedürftigen Vertrages von der Beurkundung einer Tatsache abhängig machen, die von Bundesrechts wegen keiner besonderen Form bedarf.
b) Nach Art. 32 ff. OR kann die Ermächtigung zur Stellvertretung formlos erteilt werden. Auch die Vollmacht zum Abschluss eines Rechtsgeschäftes über Eigentum oder beschränkt dingliche Rechte an Grundstücken ist formlos gültig; sie kann sogar stillschweigend, durch schlüssiges Verhalten gegeben werden (BGE 84 II 157 mit Zitaten). Art. 16 Abs. 1 GBV ändert daran nichts; er bezieht sich nicht auf den Vertragsabschluss, sondern bloss auf die Anmeldung beim Grundbuchamt. Die Kantone dürfen. diese Regelung nicht dadurch erschweren oder unwirksam machen, dass sie die Gültigkeit der Beurkundung an Voraussetzungen knüpfen, von denen der Bundesgesetzgeber selber bewusst abgesehen hat (MUTZNER, a.a.O. S. 115a). Gewiss muss die öffentliche Urkunde über Verträge, die Rechte an Grundstücken zum Inhalt haben, die Vertragsschliessenden und allfällige Stellvertreter richtig angeben; denn diese Angaben betreffen wesentliche Punkte des Rechtsgeschäftes (BGE 45 II 564ff.). Daraus folgt indes nicht, die Kantone dürften die Wirksamkeit der Stellvertretung und damit die Gültigkeit des öffentlich beurkundeten Vertrages von der Einhaltung besonderer Formvorschriften abhängig machen, die dem Bundeszivilrecht widersprechen.
Soweit die Kantone die Urkundsperson im Interesse der Rechtssicherheit verpflichten, sich von der zivilrechtlichen Legitimation der Vertragsparteien und namentlich von der Befugnis ihrer allfälligen gesetzlichen oder gewillkürten Stellvertreter zu überzeugen, kann es sich somit bloss um Ordnungsvorschriften
BGE 99 II 159 S. 163
handeln. Ihre Missachtung macht die Urkundsperson disziplinarisch verantwortlich, die Beurkundung aber nicht ungültig. Diese Auffassung wird auch im Schrifttum vertreten (H. MARTI, Bernisches Notariatsrecht, S. 209; E. BLUMENSTEIN, Motive zum Vorentwurf eines bern. Notariatsgesetzes, S. 150; A. BURRI, Öffentliche Beurkundung nach luzernischem Recht, Diss. Zürich 1966 S. 60/1; A. SCHELLENBERG, Öffentliche Beurkundung von Rechtsgeschäften, insbesondere nach zürcherischem Recht, Diss. Zürich 1930 S. 22/3).