3.1.16 Lehenswesen: Die Heerschildordnung

Die feudalisierte Reichsverfassung und tendenziell hierarchische Ordnung der hochmittelalterlichen adligen Gesellschaft findet ihren bildlichen Ausdruck in der termHeerschildordnung, die in der Lehrbuchliteratur gerne als termLehnspyramide bezeichnet wird. Sie bestimmt, wer und nach welcher Rangordnung Lehen empfangen und vergeben darf. Ihre ursprüngliche Dreistufigkeit (König, Herzog, Markgraf) wird durch eine termdifferenzierte Unterteilung verfeinert, wobei weiterhin der König im ersten Heerschild an der Spitze der Lehnshierarchie steht. Im zweiten Schild folgen die geistlichen Reichtsfürsten und anschliessend die faktisch gleichberechtigten, aber häufig von ihnen belehnten weltlichen Reichsfürsten im dritten Heerschild. Auf vierter Stufe befinden sich die Grafen und freien Herren, deren Vasallen und die termSchöfenbarfreien den fünften Heerschild bilden und ihre Vasallen wiederum den sechsten. Die siebte Stufe bleibt im Sachsenspiegel, im Unterschied zu dem eine etwas andere Gliederung aufweisenden Schwabenspiegel, unbesetzt.

Seite aus der Heidelberger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. Links werden Teile des rechts ausgeführten Rechts illustriert. Oben links sind die sieben Schilde der Heerschildordnung zu erkennen, beginnend oben rechts mit dem Reichsadler für den König im höchsten Heerschild. Der siebte Heerschild (dritte Zeile) bleibt leer. (Quelle: Universität Heidelberg, Cod. Pal. germ. 164, f. 1r, https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg164/0015) Seite aus der Heidelberger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels. Links werden Teile des rechts ausgeführten Rechts illustriert. Oben links sind die sieben Schilde der Heerschildordnung zu erkennen, beginnend oben rechts mit dem Reichsadler für den König im höchsten Heerschild. Der siebte Heerschild (dritte Zeile) bleibt leer. (Quelle: Universität Heidelberg, Cod. Pal. germ. 164, f. 1r, https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/cpg164/0015)

Die Heerschildordnung des Sachsenspiegels ist mehr als eine Form theoretischer Beschreibung. Seit dem 12. Jh. sind termUrkunden überliefert, die die mehrfache Weiterverleihung eines Lehnsgutes an Aftervasallen bis in die fünfte oder sechste Stufe belegen. Da sich nach deutschem Lehnsrecht die Treueverpflichtung des Lehnsmannes jeweils nur auf den unmittelbaren Lehnsherr bezieht, führt die Möglichkeit der Weiterverleihung der Lehen zur Schwächung der Position des Königs trotz seiner oberlehensrechtlichen Stellung im Reich: Denn die Lehensnehmer der untersten Stufen sind – jedenfalls in der Theorie – nur dem unmittelbaren Lehensherren, nicht aber dem darüber stehenden König zu Treue und Gehorsam verpflichtet. Die königliche Lehenshoheit erstreckt sich damit grundsätzlich nur auf den Kreis der Reichsfürsten, die Inhaber der von ihm ausgegebenen Zepter- und Fahnenlehen. Sie allein schulden ihm unmittelbar Treue, Gehorsam, militärische Dienste und die Mitwirkung bei Gericht.

Lernziele

  • Wissen: Grundlagenkenntnisse zur Heerschildordnung als Spiegel der
  • hochmittelalterlichen Sozial- und Herrschaftsordnung
  • Verständnis: folgt
  • Beurteilung: folgt