3.1.8 Investiturstreit: Der Dictatus Papae und der Ausbruch des Konflikts

In der Konfrontation zwischen Papst Gregor VII. (1073 – 1085) und Heinrich IV. (reg. 1056-1105) verbinden sich unterschiedliche Standpunkte zur Kirchenreform mit politischen Gegensätzen. Die Einsetzung von Bischöfen wurde von den Reformern als Simonie angesehen und daher auch zunehmend kritisiert. Als Heinrich IV. 1075 trotz Vorhaltungen seitens des Papstes den Erzbischof von Mailand einsetzt, provoziert er den neuen Papst Gregor VII., worauf sich die Fronten verhärten. So lässt Gregor VII. im Jahr 1075 auf der termFastensynode weitere Bischofsinvestituren verbieten. Mit einem Eintrag ins päpstliche Registerbuch formuliert Gregor VII. den „termDictatus papae“, der die Forderung nach umfassender päpstlicher Herrschaftsbefugnis enthielt. Zwar ist dieses Dokument anfangs wohl kaum zirkuliert, kennzeichnet jedoch sehr markant die Position des Papstes. Da Heinrich IV. in der Folge weitere italienische Bischöfe in ihr Amt einsetzt und das Investiturverbot missachtet, kommt es zum offenen Konflikt.

Dictatus Papae. (Quelle: Wikimedia Commons)Dictatus Papae. (Quelle: Wikimedia Commons)

Als Gregor im Dezember 1075 das Handeln des Kaisers massiv kritisiert, erklären Heinrich IV. und die Bischöfe des deutschen Episkopats im Februar 1076 den termPapst für abgesetzt, worauf dieser seinerseits - hierin letztlich dem im Dictatus papae aufgestellten Suprematieanspruch folgend - im Februar 1076 den termKaiser absetzt , ihn mit dem Kirchenbann belegt und somit seine Vasallen vom Treueeid löst. Damit gerät die Herrschaft des Kaisers in eine ernsthafte Krise. So ist es dann auch die Gefahr eines adeligen Aufstandes gegen das Kaisertum, die Heinrich IV. dazu zwingt, vom Papst persönlich die Absolution zu erbitten: Durch seinen überraschenden termGang nach Canossa, der Stammburg Mathilde von Tusziens, auf der sich Gregor aufhält, vermag sich Heinrich 1077 vom Bann zu lösen. Die Bewertung dieses Ereignisses, das vor allem im 19. Jahrhundert in die politische Sprache termeindrang, ist umstritten: Vermutlich in seinen Abläufen vorher detailliert ausgehandelt, lässt sich die kaiserliche Unterwerfungsgeste und die Aufhebung des Bannes am besten als Kompromiss deuten. Zwar erreichte der Papst vordergründig die Anerkennung seiner geistlichen Herrschaft, doch konnte er andererseits nicht verhindern, dass der Kaiser nach Aufhebung der Exkommunikation wieder in seiner ursprünglichen Herrschaftsposition eingesetzt war. Langfristig war Canossa damit ein Sieg für die kaiserliche Seite.

Heinrich IV. bittet Mathilde von Tuszien und Hugo von Cluny nach seiner Exkommunigkation um Vermittlung mit Papst Gregor VII., Cod. Vat. lat. 4922 (ca. 1115). (Quelle: Wikimedia Commons)Heinrich IV. bittet Mathilde von Tuszien und Hugo von Cluny nach seiner Exkommunigkation um Vermittlung mit Papst Gregor VII., Cod. Vat. lat. 4922 (ca. 1115). (Quelle: Wikimedia Commons)

Das Erstarken des Kaisertums zeigte sich auch in den Geschehnissen der Folgezeit: Schon im Folgejahr stellte 1077 Gregor VII. ein für den Gesamtbereich der katholischen Christenheit geltendes Verbot der Laieninvestitur auf unter ausdrücklichem Einschluss des Königtums. Heinrich IV. nahm jedoch weiterhin für sich das Recht der Investitur in Anspruch, was 1080 zu einem erneuten Verbot verbunden mit der Strafandrohung für den investierenden König und dessen Ausdehnung auf die Niederkirchen führte. Auf derselben Synode exkommunizierte Gregor VII. den Kaiser erneut, jedoch erreichte der Bann diesmal keine vergleichbare Wirkung.

Zwar eskalierte der Konflikt auch nach dem Tod von Gregor VII. unter dem Pontifikat Urbans II. (1088 – 1099) noch einmal, denn der Papst bekräfte auf der Synode von Clermont 1095 nicht nur das Investiturverbot, sondern untersagte darüber hinaus allen Klerikern, sich durch den Lehenseid gegenüber Laien – insbesondere dem Königtum – zu verpflichten.

Lernziele

  • Wissen: Grundlagenkenntnisse zum Ausbruch und Hergang des Konflikts zwischen Kaiser und Papst um die Investitur
  • Verständnis: folgt
  • Beurteilung: folgt